Die Marke “Chianti Classico”
Die Weinbauregion Chianti Classico hat ein Markenzeichen – den Gallo Nero, zu Deutsch: den schwarzen Hahn.
Dieses Symbol ist nicht ganz zufällig gewählt – es besteht bereits seit mehreren hundert Jahren und manifestiert sich heute als Logo auf jeder Flasche Chianti Classico. Entweder am Flaschenhals auf der Vorderseite oder auf der Rückseite, dem Black Label.
Das Logo besteht aus dem Namen Chianti Classico – also dem Namen der Appellation, dem schwarzen Hahn im Zentrum und der Jahreszahl 1716 – sozusagen das Gründungsdatum der Appellation Chianti Classico.
Immer wenn du dieses Logo oder eine der älteren Varianten auf einer Flasche Wein findest, dann weißt du sofort: das ist Chianti Classico! Also ein Rotwein – vornehmlich aus Sangiovese-Trauben – aus einem definierten Gebiet in der Toskana.
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Die Legende vom Schwarzen Hahn
Chianti Classico und der Gallo Nero sind also untrennbar miteinander verbunden. Aber wie kam es zu dem schwarzen Hahn als Markenzeichen? Dazu gibt es eine wunderbare Geschichte – die Legende vom Schwarzen Hahn:
Im Mittelalter haben sich die Stadtstaaten Florenz und Siena jahrzehntelang bekriegt – es ging schlicht um die Vorherrschaft. Diese kriegerischen Auseinandersetzungen fanden vornehmlich im heutigen Gebiet Chianti statt.
Eines Tages wollte man den Kämpfen ein Ende setzen und endgültige Grenzen ziehen. Dazu wählte man eine sehr ausgefallene Methode: Die Grenze würde dort gesetzt werden, wo sich zwei Reiter – einer aus Florenz und einer aus Siena ausgesandt – treffen würden. Die beiden Reiter sollten bei Sonnenaufgang nach dem ersten Hahnenschrei losreiten.
Siena entschied sich für einen weißen Hahn und pflegte diesen sehr gut. Man gab ihm ausreichend Futter und war sehr besorgt um das Tier, denn es sollte ja immerhin der Garant für die Vorherrschaft werden.
Florenz hingegen entschied sich für einen schwarzen Hahn, der aus taktischen Gründen nicht so viel Futter bekam. Er wurde in einem engen, finsteren Käfig gehalten, war hungrig und wurde bei weitem nicht so stark umsorgt wie sein Gegenspieler aus Siena.
Am vereinbarten Morgen wurden die beiden Hähne aus ihrer Behausung gelassen. Kaum war der schwarze Hahn befreit, fing er auch schon an zu krähen – und zwar VOR Sonnenaufgang, was dem Reiter aus Florenz einen deutlichen Vorsprung verschaffte. Der Reiter aus Siena musste deutlich länger warten, bis der weiße Hahn nach Sonnenaufgang endlich zu krähen begann.
Und so kam es, dass der Reiter aus Siena nur 12 km weit kam, bis er auf seinen Rivalen aus Florenz gestoßen ist. Seit jenem Tag verläuft die Grenze zwischen Florenz und Siena durch Castellina in Chianti, unweit von Siena.
Die Verknüpfung des Chianti mit dem Gallo Nero
Die “Lega del Chianti” war damals eine politisch-militärische Institution, die von der Republik Florenz geschaffen wurde, um das Gebiet des Chianti zu kontrollieren. Im Jahr 1384 machte die Lega del Chianti einen schwarzen Hahn auf goldenem Hintergrund zu ihrem Emblem.
Aber die Geschichte geht weiter – im Jahr 1398 wurde die erste notarielle Urkunde erstellt, die den Namen CHIANTI enthält. Und noch besser: Der Name Chianti bezieht sich in diesem Dokument auf WEIN. Wenn man so will, dann war Giorgio Vasari der erste „Wort-Bild-Marken-Erschaffer“ für das Symbol des Chianti Classico.
In seiner Allegorie, die heute im „Salone dei Cinquecento“ im Palazzo Vecchio in Florenz zu sehen ist, wählt er im Jahr 1565 das stolze Tier als Symbol für das Chianti.
Die Festlegung des Herkunftsgebietes
Chianti – das sind mittlerweile Jahrhunderte voller Geschichte und Entwicklung. Das heutige Gebiet Chianti wurde von den Etruskern zivilisiert, im Mittelalter von den Städten Florenz und Siena umkämpft und ist heute untrennbar mit der Weinproduktion verbunden.
Im Jahr 1716 legte Cosimo III., Großherzog der Toskana, die Grenzen des Anbaugebiets Chianti – heute Chianti Classico – fest. Ein Gebiet zwischen den Städten Florenz und Siena, in dem der Wein angebaut und bereits damals sehr geschätzt wurde. Die untrennbare Verbindung zwischen Wein und Herkunftsland wurde mit diesem Dekret endgültig formalisiert. Darin steht:
“Für Chianti ist dies bestimmt und soll es sein. Von Spedaluzzo bis Greve, von dort bis Panzano mit der gesamten Podesterie von Radda, die drei Teile umfasst: Radda, Gaiole und Castellina bis zur Grenze mit dem Staat Siena.”
Damit hat Cosimo III. die Grenzen des heutigen Anbaugebietes Chianti Classico festgesetzt.
Noch im selben Jahr erschaffte er eine „Überwachungsgruppe“. Eine Gruppe, die die Produktion, den Versand, die Kontrolle auf Betrug und den Weinhandel überwachte.
Denn schon damals gab es das Phänomen der gefälschten Chianti-Weinproduktion, insbesondere im Export nach England. Es war also eine Art Schutzkonsortium. Und das bereits vor mehr als 300 Jahren!
Das „Chianti-Rezept“
Ja, es gibt ein „Chianti-Rezept“ – zumindest GAB es das ganz konkret. Denn Bettino Ricasoli, der Eiserne Baron, erschuf im Jahr 1872 eine Art Anleitung für Chianti – kurz: die Mischung macht‘s!
Bettino Ricasoli forschte viel um den berühmten Wein, und kam zu folgendem Ergebnis:
“Der Wein Chianti erhält vom Sangiovese seine Hauptdosis an Aroma (nach der ich besonders strebe) und eine gewisse kräftige Empfindung. Von der Canajolo-Traube erhält er die Süße, die die harte Qualität der ersteren abmildert, ohne ihr Aroma zu vermindern.
Die Malvasia-Traube, die sogar für Weine, die für die Reifung bestimmt sind ausgeschlossen werden könnte, neigt dazu, das Produkt der ersten beiden Trauben zu verdünnen, erhöht den Geschmack und macht ihn leichter und geeigneter für den Gebrauch als täglichen Tafelwein.”
So entstand das erste Rezept, dass bereits damals die Sangiovese als Hauptrebsorte festlegte.
Heute ist die Verwendung von Weißweintrauben, also z.B. von Malvasia oder Trebbiano, verboten. Denn Chianti Classico muss heute aus mindestens 80 % Sangiovese Trauben bestehen. Es darf aber auch gerne mehr sein – sogar reinsortig – also 100 %.
Außerdem dürfen sowohl autochthone wie auch internationale Rebsorten beigefügt werden – das obliegt ganz dem Winzer, seinem Terroir und seiner Philosophie.
Wahrscheinlich ist es genau diese Historie, die den Wein, die Menschen und die Landschaft zu so einer Einheit werden lässt. Und genau diese Einheit, diese Geschichte ist es, die mich so fasziniert und begeistert.
Du hast Fragen zum Chianti Classico? Dann stelle sie mir gerne hier und vielleicht wirst du so zum Teil einer meiner nächsten Podcast-Episoden. Ich freu mich drauf.