Letzte Woche habe ich hier in meinem Blog mit dem Rosato den ersten Wein aus der neuen Foto-Serie „Aromen im Glas 2.0“ vorgestellt. Aber Aromen im Glas – was heißt das eigentlich? Eigentlich nichts anderes, als dass im Weinglas genau das zu sehen ist, wonach der Wein riecht und schmeckt. Diese zweite Auflage der „Aromen im Glas“-Serie, die ich gemeinsam mit der Fotografin Eva-Maria Mrazek realisiert habe, verführt das Auge mit noch geschmackvolleren Arrangements, noch satteren Farben noch feineren Geschmacksnuancen. Heute habe ich die Ehre, Ihnen seine Majestät, den Chianti Classico, zu präsentieren!
Chianti Classico DOCG – ein jugendlicher Klassiker
Zweifellos ist der Chianti Classico der Repräsentant der Appellation schlechthin. Gewissermaßen das ungekrönte Haupt im Sortiment jedes Winzers im Chianti. Immerhin macht er den größten Anteil der Weinproduktion in der gesamten Region aus. Aber wann darf sich jetzt ein Wein eigentlich Chianti Classico nennen? Da gibt es einmal die strengen Produktionsbestimmungen, die es einzuhalten gilt: Sie besagen, u.a., dass ein Chianti Classico aus 80-100 % aus der autochthonen Rebsorte Sangiovese zu bestehen hat, dass der Wein mindestens 12 % Alkoholgehalt haben muss und dass er eine Reifedauer von mindestens 12 Monaten durchlaufen muss. Alles schön und gut… Aber was ist die Seele des Chianti Classico? Was verbirgt sich hinter diesem Getränk, das oft mit den vielversprechenden Worten „harmonisch“, „elegant“ und „aromenreich“ beschrieben wird?
Wann ein Chianti Classico ein Chianti Classico ist.
An dieser Stelle kommen die „Aromen im Glas 2.0“ ins Spiel. Vorneweg muss man sich zum Thema Chianti Classico noch eines vor Augen halten: Dieser Wein hat seit den 60er- und 70er Jahren einen massiven Wandel durchlebt. Schon alleine die Tatsache, dass erst seit dem Jahrgang 2006 dem Chianti Classico kein Weißwein mehr zugefügt werden darf, zeigt, welches Umdenken hier stattgefunden hat. Davor musste Weißwein lange Zeit sogar Bestandteil eines Chianti Classico sein! Das heißt aber auch, dass noch vor 30 Jahren ganz andere Ingredienzien im Aromen-Glas zu sehen gewesen wären als heute. Und auch heute unterscheiden sich die Weine natürlich von Jahrgang zu Jahrgang, aber auch von Weingut zu Weingut – da ist mal mehr, mal weniger von einer Frucht, von einem Gewürz, von einer Blume zu riechen und zu schmecken. Im Chianti Classico Aromen-Glas ist nun zu sehen, welche Früchte, Stoffe und Aromen sich im Lauf der letzten zehn Jahre für meine Nase und meinen Gaumen als tonangebend für den Chianti Classico herauskristallisiert haben.
Die Seele des Chianti Classico eingefangen…
Die Basis des Chianti Classico bildet eine breite Würze: Wir haben es hier mit pfeffrigen, aber auch weichen, warmen Aromen wie Wachholder, Zimt und immer wieder mal mit Gewürznelken zu tun. Sehr präsent im Zentrum des Glases liegt die Weichsel. Begleitet von der Kirsche ist sie das dominanteste Element im Chianti Classico. Vor allem bei der Annata, also beim jungen, frischen Chianti Classico, sorgen die für die Sangiovese so typischen Weichselaromen für viel Frische und Säure im Glas. Eine weitere ganz starke Chianti Classico-Komponente sind die Beeren – speziell Brombeeren und Heidelbeeren. Aber auch die Zwetschke offenbart in Weinen aus wärmeren Jahrgängen ihr Aroma. Und manchmal ist auch ein Hauch von sommerwarmen Walderdbeeren im Glas zu erahnen. Das kleine Stückchen Holz und die Vanille sind Ausdruck für die Vinifikation im Holzfass. Ganz fragil, aber doch im Zentrum, findet sich noch das Veilchen: Dieses ist – so sagt man – ebenfalls typisch für die Sangiovese-Trauben. Ich finde: Manchmal ist der typische Veilchenduft da, manchmal eben nicht. Aber: Wenn das Veilchen da ist, dann kann man es nicht „überriechen“. Für die gewisse Frische des Chianti Classico stehen die geeisten Früchte. Er ist eben frisch und nicht schwer. Kein Bärenfell- und Kaminwein, sondern eben ein schöner, vielfältiger Speisenbegleiter. Ganz klassisch zu allen toskanischen Gerichten, zum Beispiel zu Pasta mit Wildschwein – ein Gedicht (!), aber auch ideal zu Fischgerichten oder auch mal ruhig zu Martinigansl, Braten & Co.
Last but not least: Ja, man kann einen Chianti Classico je nach Jahrgang und Weingut auch viele Jahre lang lagern, das Potenzial ist oft dazu da. Aber wer will das schon? Dieser Wein will getrunken werden! Man sollte diese Weine kaufen, trinken und wieder neue kaufen, trinken und einfach Freude daran haben.