Heute folgt Teil zwei meiner neuen Blogserie #SehnsuchtChiantiClassico, in der ich mich in den kommenden Tagen und Wochen damit beschäftigen werde, wie es den Menschen in meinem so geliebten Chianti in diesen schwierigen Zeiten geht. Dieses Mal erzählt uns Vicky Schmitt-Vitali, von der aktuellen Situation auf ihrem Weingut Fattoria Le Fonti, wie es ihrem Mann Guido und den Kindern geht, wie die Familie Ostern feiern wird und welche Gedanken sie dabei begleiten. Meine Gedanken sind gerade jetzt rund um das Osterfest bei all meinen Freunden im Chianti!
Fattoria Le Fonti – im Herzen von in Panzano in Chianti
Die Zufahrt zur Fattoria Le Fonti liegt etwas unterhalb der Dorfkirche mitten im historischen Ortskern von Panzano. Das Weingut hat eine Fläche von 15 Hektar: 8,5 Hektar Weinberge im Alta Valle della Greve, also im Tal des Flusses Greve, das auf der rückwärtigen Seite des Conca d’Oro liegt – der Rest sind Olivenbäume. Sämtliche Weinstöcke, die heute in den Weinbergen von Le Fonti wachsen und gedeihen, hat Vickys Vater Konrad im Jahr 1994 neu gepflanzt: Heute leben und arbeiten Vicky und ihr Mann Guido mit ihren drei Kindern auf Le Fonti – und das, obwohl beide anfangs eigentlich gar keine Ambitionen als Winzer hatten. Vicky hat ihre Wurzeln in Deutschland, Guido kommt aus der Toskana. Beide haben einige Zeit im Ausland gelebt, wo sie völlig anderen Berufen nachgegangen sind, bevor sie Le Fonti von Vickys Vater übernommen haben. Heute zählt die Fattoria Le Fonti zu den Top-Weingütern der Toskana.
Ein Dankeschön von der Insel im Chaos
Zuerst einmal – das ist Vicky ein großes Anliegen – möchte sie sich bei allen bedanken, die sich in den letzten Tagen und Wochen der Corona-Krise bei ihr und ihrem Mann gemeldet haben, um sich nach ihrem Wohlbefinden zu erkundigen: „Es geht uns allen gut! Gott sei Dank…“, sagt sie. „Und wir sind froh darüber und dankbar dafür, dass wir hier in Panzano sein dürfen – auf unserer kleinen, ruhigen Insel inmitten des Chaos.“ Auch wenn man sich fürs Einkaufen schon einmal eine bis eineinhalb Stunden anstellen muss, bevor man überhaupt ins Geschäft kommt. Es haben zwar auch der kleine Lebensmittelladen von Sandra, die Macelleria Checcucci und die Fleischerei Cecchini, der kleine Käseladen von Lorenzo und das Gemüsegeschäft geöffnet – und seit Kurzem an zwei Abenden die Pizzeria im Ort, wo man sich seine vorab bestellte Pizza kontaktlos abholen kann – aber das Leben findet eben nur mit massiven Einschränkungen statt. Man darf sich ausschließlich innerhalb der eigenen Gemeindegrenzen bewegen, und das nur mit einem triftigen Grund. Diese Fahrten für Besorgungen werden auch sehr streng kontrolliert und sanktioniert. Das Gebot heißt: zu Hause bleiben.
Tatsache ist, dass die Situation in Italien – und mittlerweile auf der ganzen Welt – sehr kritisch ist und bleibt. „Das ist eine Situation, die uns allen ans Herz geht. Wir hoffen, dass die nach wie vor geltende strikte Ausgangssperre helfen wird, dass die Erkrankungen nicht noch einmal ansteigen“, meint Vicky.
Frühling am Weingut – viel Arbeit im Keller und im Weinberg
Aber das Leben am Weingut geht auch in der Krise weiter: „Nach einem sehr warmen Februar und März mit nur ein paar kalten Tagen zwischendurch“, berichtet Vicky Schmitt-Vitali, „brechen im Weinberg die ersten Knospen auf. Die Natur hält uns auf Trab!“ Und obwohl in den letzten Wochen alle nicht relevanten Arbeitszweige kurzfristig schließen mussten, um die weitere Verbreitung des Virus einzudämmen, kann die Arbeit im Weinberg weitergehen. „Es gibt zwar“, erläutert die Winzerin, „viele Regeln, die wir befolgen müssen – vor allem, was die Arbeit in geschlossenen Räumen betrifft. Aber wir sind froh, dass unsere Arbeiter im Weinberg weiterhin mit genügend Freiraum arbeiten können. Und das Beste daran: Wir mussten niemanden entlassen!“ Und das ist in einer Zeit, in der Italien neben der menschlichen Tragödie auch noch mit einer wirtschaftlich prekären Situation zu kämpfen hat, ein echter Lichtblick. Und so konnten auch die im Keller so wichtigen, anstehenden Arbeiten erledigt werden: Der Rosato 2019 sowie der Chianti Classico 2017 sind in der Flasche! Vicky blickt optimistisch in die Zukunft: „Wir bereiten gerade die ersten Paletten für den Versand vor, aber momentan ist das LKW- und Cargo-Aufkommen noch sehr gering und es ist nicht einfach, Transporte aus Italien zu organisieren.“ Man geht aber davon aus, dass sich zumindest in dieser Hinsicht nach Ostern die Lage entspannen sollte und der Versand der neuen Weine möglich sein sollte.
Buona Pasqua! Frohe Ostern – auch in Corona-Zeiten…
Gerade zur Osterzeit fällt es natürlich umso schwerer, sich an die Ausgangssperre zu halten und zu Hause zu bleiben. Schließlich ist das Osterfest in Italien das wichtigste Fest des Jahres – eigentlich ein Fest der Familie. Und davon haben die Schmitt-Vitalis reichlich: Die Mitglieder der beiden Familien leben über die Kontinente verstreut – angefangen bei Vickys Vater, der mit seiner Lebensgefährtin in Zürich zu Hause ist, über ihren Bruder, der mit seiner Familie in Hamburg lebt, bis hin zu ihrer Schwester, die mit ihrer Familie zwar nur 20 Kilometer von Panzano entfernt, aber damit im Moment aufgrund der strengen Ausgangssperre außer Reichweite wohnt. Guidos Eltern leben auch ganz in der Nähe, in Radda in Chianti, aber auch hier sind keine Besuche erlaubt. Guidos Bruder ist bereits vor einigen Jahren nach Kanada ausgewandert. Lediglich Guidos Zwillingsbruder Enrico ist in Panzano zu Hause und hilft aktuell hin und wieder auf Le Fonti aus. „Aber wir bleiben stark und bleiben zu Hause – auch zu Ostern“, betont Vicky. Aber es wären nicht die Schmitt-Vitalis, hätten sie nicht auch für diese Situation eine Idee gehabt: Am Ostersonntag kochen alle Teile der Familie das gleiche Essen – über das Gericht wird noch diskutiert – und in einer Video-Konferenzschaltung wird dann gemeinsam gegessen, getrunken und Ostern gefeiert. Meiner Meinung nach ein herrlicher Zugang, um trotz der Distanz das Gemeinsame zu bewahren.
Vickys virtueller Aperitivo
„Ja, es ist sehr wahrscheinlich, dass wir alle noch ein paar weitere Wochen oder vielleicht sogar Monate zu Hause verbringen müssen, bis unser Leben wieder zu einer Art von Normalität zurückkehren wird,“ fügt die Winzerin nachdenklich hinzu. Aber positiv und voller Lebensfreude, wie Vicky und Guido sind, haben sie eine neue „Tradition“ ins Leben gerufen: Als Ersatz für den sonst so alltäglichen Aperitivo in einer Bar oder einem Restaurant haben sie nun einen „virtuellen Aperitivo“ ins Leben gerufen, zu dem man sich per Videotelefonat, per WhatsApp oder Skype und Telefon zu einer vereinbarten Zeit „trifft“, gemeinsam ein Glas Wein oder Spumante trinkt und einen kleinen Snack zu sich nimmt. „Dabei“, so Vicky, „sprechen wir über den Tag und was uns sonst so auf dem Herzen liegt. Das tut der Seele und dem Herzen gut!“ Und ich kann das als mehrmalige Teilnehmerin an einem von Vickys virtuellen Aperitivi nur bestätigen: Man ist sich wieder ein Stück näher – trotz der räumlichen Distanz, die zwischen einem liegt.
Zwei meiner Reisen nach Italien musste ich in diesem Jahr bereits absagen – und ich bin zu meinem allergrößten Bedauern davon überzeugt, dass ich noch länger auf „mein“ Panzano verzichten muss. Umso wichtiger ist es für mich, mit meinen Freunden und mit meinen Winzern in Kontakt zu bleiben, meine Solidarität zu zeigen und – ganz nach Vickys und Guidos Vorbild – das Beste aus der Situation zu machen. Und ich teile die Meinung, die im Moment auf vielen italienischen Transparenten zu lesen ist: Tutto andrá bene! Alles wird gut!
Wir sind ganz bald wieder mal sehr gerne mit von der Partie und auch von hier aus Wien ganz liebe Grüße an Vicky und Guido!