Für die heutige Podcast-Episode bin ich zu Besuch auf dem Weingut Fattoria e Villa di Rignana in Panzano in Chianti und Cosimo Gericke, der Inhaber, sitzt an meiner Seite.
Die Geschichte der Fattoria e Villa di Rignana
Seit 1965 ist die Fattoria e Villa di Rignana im Besitz der Familie von Cosimo Gericke. Die Familie seines Vaters stammt ursprünglich aus Deutschland und ist in den 20er Jahren nach Italien ausgewandert. Cosimos Großvater leitete damals die Deutsche Akademie in Rom. Sein Vater hatte jedoch immer den Wunsch, auf dem Land zu leben und ein Weingut zu kaufen.
Mitte der 60er Jahre wurde in der toskanischen Landwirtschaft das alte System geändert, bei dem die Arbeiter 50 % und die Besitzer 50 % bekamen (der Ertrag wurde also geteilt). Damals zogen die Arbeiter nach Florenz, um sich dort niederzulassen – die berühmte Landflucht. Zu dieser Zeit kaufte Cosimos Vater das Weingut Rignana und legte einen wunderbaren Grundstein.
1999 übernahm Cosimo die Verantwortung für Rignana. Er ist Vater von zwei erwachsenen Kindern und passionierter Jäger. Obwohl Cosimo in Italien aufgewachsen ist, spricht er dank seiner deutschen Vorfahren perfekt Deutsch. Davon profitieren heute natürlich auch die deutschen Gäste, die das Weingut besuchen. Und auch an seine Kinder hat er die deutsche Sprache weitergegeben, um ihnen ihre Wurzeln näher zu bringen.
Die Sangiovese-Traube
Während unseres Gesprächs stoßen Cosimo und ich mit einem Glas Sangiovese Bianco an – ein Sangiovese aus dem alten Weinberg. Er wurde etwas früher geerntet, damit nicht zu viel Alkohol im Wein ist. So bleibt das schöne Aroma der Traube wie bei einem Weißwein erhalten, obwohl es sich um rote Trauben handelt.
Der Sangiovese wird also früher geerntet, dann direkt entrappt und sofort, aber sehr, sehr leicht gepresst, damit er keine Schalenfärbung annimmt. Auf diese Weise erhält sie eine weiße Farbe, obwohl die Traube eigentlich rot ist. Ich liebe den blumigen Duft des weißen Sangiovese – sonst ist der Sangiovese manchmal etwas zurückhaltend im Duft, aber im Weißwein kommt er immer hervorragend zur Geltung.
Der Kraftplatz Rignana
Rignana ist für mich ein absoluter Kraftort. Es liegt am nordwestlichsten Zipfel von Panzano. Auf dem Weg nach Rignana fährt man über eine Schotterstraße. Wenn man in Rignana angekommen ist, öffnet sich ein Tal mit einer wunderbaren Fernsicht. Ich spüre hier immer eine ganz besondere Energie, die schwer zu beschreiben ist. Eine Mischung aus Ruhe und Leben, die einfach gut tut.
Obwohl Cosimo schon so viele Jahre hier lebt und arbeitet, spürt auch er immer noch diese besondere Kraft und Energie. Egal, ob er mal schlechte Laune hat oder Schmerzen – nach ein paar Metern in seinen Weinbergen ist alles Negative wie weggeblasen. Diese besondere Energie war es wohl auch, die sein Vater 1965 spürte, als er das Weingut kaufte. Und auch die Gäste des Weinguts schätzen diesen besonderen Ort, an dem man einfach mal durchatmen kann.
Rignana ist aber nicht nur ein Weingut – angeschlossen ist auch ein Agriturismo und eine kleine Kapelle, die sich perfekt für Hochzeiten eignet. Ein Traumort zum Heiraten. Zu Rignana gehört auch die Cantinetta di Rignana, ein Restaurant, in dem man die typische toskanische Küche genießen kann und wo man sich amüsiert, lacht und den Tag genießt.
Die Weine der Fattoria di Rignana
Rignana hat eine Gesamtfläche von ca. 120 Hektar. Davon sind ca. 14 Hektar Weinberge und es gibt ca. 1.000 Olivenbäume. Der Rest sind Wälder und Felder.
Auf den 14 Hektar Rebfläche werden die Rebsorten Sangiovese, Canaiolo, Merlot und Cabernet Franc angebaut. Der Anteil des Sangiovese auf Rignana beträgt etwa 70-75%.
Die Weine und das Olivenöl von Rignana sind biologisch zertifiziert. Im Sortiment befinden sich drei Weine mit der Bezeichnung Chianti Classico: der Chianti Classico “Annata”, wie man in Italien sagt. “Annata” steht zwar auf keiner Flasche, ist aber Ausdruck der aktuellen Basis des Chianti Classico – ein wunderbar fruchtiger Chianti Classico.
Außerdem gibt es den Chianti Classico Riserva, den Chianti Classico Gran Selezione und den „Il Riccio“. Der Il Riccio war zunächst ein reinsortiger Merlot, später kam etwas Cabernet Franc hinzu und seit dem Jahrgang 2016 ist dieser Wein ein reinsortiger Cabernet Franc.
Abgerundet wird das Sortiment durch drei Sommerweine: einen reinsortigen Canaiolo in der klassischen Strohflasche, einen fruchtig-frischen Rosato und last but not least den Sangiovese Bianco, also den weißen Sangiovese und nicht zu vergessen das hervorragende Olivenöl von Rignana.
Der Igel als Markenzeichen von Rignana
Auf jeder Flasche Rignana-Wein ist übrigens ein Igel abgebildet. Und auch wenn man sich auf dem Weingut bewegt, stößt man immer wieder auf Igelfiguren, -bilder und -malereien. Dieses Symbol geht auf die Familie Ricci zurück, in deren Besitz sich Rignana lange Zeit befand.
Jahrhundert eine Heilige, die “Santa Caterina di Ricci”, und “Scipione die Ricci”, der von 1780 bis 1791 Bischof von Pistoia war. Scipione versuchte damals zusammen mit dem Österreicher Leopold II. von Habsburg, der in der Toskana herrschte, die Kirche zu reformieren. Das gefiel der Kirche gar nicht, und so schickte man Scipione nach Rignana auf das Landgut der Familie Ricci, wo er seine letzten Jahre verbrachte und später in der Kapelle begraben wurde.
Und weil “Ricci” der Plural von “Riccio” (der Igel) ist, machte Cosimos Familie den Igel zum Wahrzeichen von Rignana. Wenn also ein Igel auf der Flasche ist, können wir sicher sein, dass Rignana drin ist.
Die Sangiovese – der “big player” auf Rignana
Der Sangiovese ist eine sehr spannende Rebsorte und nicht einfach zu produzieren. Sie braucht einen bestimmten Boden, eine bestimmte Lage und man darf weder zu viel noch zu wenig produzieren. Insgesamt ist sie also eher eine zickige Traube.
Nach der Gärung ist die Säure beim Sangiovese sehr hoch und intensiv, aber während der biologischen Gärung baut sich die Säure langsam ab. Der Sangiovese braucht also einfach viel Zeit – sowohl als Pflanze als auch später im Keller und in der Flasche. Der 100%ige Sangiovese von Rignana muss mindestens 30 Monate im Holz bleiben.
Aber wenn man nach 10-15 Jahren eine Flasche öffnet und der Wein immer noch “so viel zu erzählen hat”, wie ich gerne sage, dann wird man für all die Mühe, die man sich mit der Traube gemacht hat, entschädigt.
Cabernet Franc hat gewisse Ähnlichkeiten mit Sangiovese. Er reift ungefähr zur gleichen Zeit und passt als aromatischer Cabernet sehr gut zum Sangiovese. Also eine wunderbare Verbindung zwischen Sangiovese und Cabernet Franc.
Einen reinsortigen Cabernet Franc findet man im Chianti nicht oft – aber Cosimo probiert gerne Neues aus. Vor Jahren war er mit einer Freundin in den Weinbergen von Bolgheri, wo die Trauben etwas schneller reifen. Dort probierte Cosimo zum ersten Mal den Cabarnet Franc und fand ihn gut. Daraufhin beschloss er, einen ersten Hektar dieser Rebsorte in Rignana anzupflanzen.
Im Gegensatz zum Sangiovese braucht der Cabernet Franc relativ lange, um seine Wurzeln tief in den Boden zu treiben. Erst dann kann er sich voll entfalten.
Die bunte Vielfalt der Sangiovese
Der Sangiovese ist und bleibt Cosimos große Liebe. Das drückt sich auch darin aus, dass er gleich drei Sangiovese-Weine herstellt, allerdings in verschiedenen Farben. Einen Rotwein, einen Rosé und einen Weißwein.
Schon Cosimos Vater hatte mit der Produktion des Rosato begonnen. Um seinen Rotwein etwas konzentrierter zu machen, werden die Trauben entrappt und in Tanks gefüllt. Nach etwa 24 Stunden wird der frische Saft von der Maische abgezogen. Diese Methode nennt man „Saignee“, das Wort kommt aus dem Französischen und bedeutet „bluten“.
Heute wird der Rosato direkt nach der Lese bei sehr niedrigen Temperaturen gepresst und gekeltert, um seine schöne Frische zu erhalten. Er gärt sehr langsam bei ca. 15 Grad und erhält keine zusätzliche Hefe.
Die Lese des weißen Bianco und des Rosato erfolgt früher als beim Rotwein üblich und fast gleichzeitig. Die besten Trauben werden für die Rotweine verwendet.
Der Rosato und der Weißwein sind zu 100% Sangiovese – die Riserva wird mit 10% Cabernet Franc und der eingangs erwähnte Canaiolo mit 15% im Chianti Classico ausgebaut.